AMA-Gütesiegel-Schwein: Neues Regelwerk ab 2025

Autor: Dr. Johann Schlederer

AMA-Gütesiegel-Schwein: Neues Regelwerk ab 2025
Die Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels war unter anderem fester Bestandteil des Regierungsübereinkommens der amtierenden Bundesregierung. Dies hatte beispielsweise zur Folge, dass in der Schweinemast seit geraumer Zeit 10 % mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben angeboten werden muss sowie eine Ergänzung beim Beschäftigungsmaterial den GS-Schweinen zur Verfügung gestellt werden muss.

Laut Entwicklungsplan mindestens 15 % mehr Platz ab 2025
Schon im Jahr 2022 musste der VÖS über politischen Druck einen mittelfristigen Entwicklungsplan auf den Tisch legen, der nach langen Verhandlungsrunden die Festlegung auf 15 % mehr Platz ab 2025 mit sich brachte. Zwischenzeitlich stand das AMA-Gütesiegel im Zusammenhang mit medial verbreiteten Berichten zu Verfehlungen im Tierhaltungsbereich im Fokus von Öffentlichkeit und Politik. Die härteste Währung für das AMA-Gütesiegel ist allerdings die Bewertung des Programmes seitens Fleischwirtschaft und Lebensmittelhandel. In der Konsequenz war die AMA von Seiten des Marktes gefordert, ein Upgrade beim Kontrollregime, sprich Spot-Audits, vorzunehmen und hinsichtlich der Tierhaltung schrittweise über eine weitere Verbesserung vorzunehmen.

Haltungsformenkennzeichnung bringt Gütesiegel in Zwickmühle
Internationale aber auch nationale Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte haben zu unterschiedlichen Haltungsebenen geführt. Bekanntlich ist Deutschland hier ein Treiber, wo der Lebensmittelhandel vor Jahren ein 4-stufiges System etablierte, was mittlerweile durch Mithilfe der Regierung auf ein 5-stufiges erweitert wurde. Auch in Österreich kristallisiert sich ein vergleichbares 5-stufiges System heraus, welches auf unterster Ebene für gesetzliche Mindestanforderung und auf oberster Ebene für Bioproduktion steht. Dazwischen wird mit drei weiteren Stufen differenziert. Im Schweinbereich seit ca. drei Jahren bekannt, das AMA-Gütesiegel mit 10 % mehr Platz sowie AMA TW60 und TW100 mit jeweils 60 % bzw. 100 % mehr Platz und u.v.m. Die Umsetzung einer österreichischen Tierhaltekennzeichnung ist von Regierungsseite noch für heuer vorgesehen. Wenn das gelingt, wird das AMA-Gütesiegel noch einmal mit neuen Herausforderungen konfrontiert.

AMA-Gütesiegelbasis muss deutscher Stufe 2 entsprechen
Je länger man die sich abzeichnende Marktkonstellation analysiert, desto mehr kommt man zum Schluss, dass in Anbetracht der öffentlichen Relevanz des AMA-Gütesiegels und der Kräfte des internationalen Warenhandels es wohl keinen anderen Weg geben wird, als sich mit der AMA-Gütesiegel-Basisstufe auf das Niveau der deutschen Haltungsstufe zwei zu begeben. Gelingt dies nicht, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass namhafte Handelsketten dem haltungstechnisch höher eingestuften deutschen Schweinefleisch den Vorzug geben und sich tendenziell vom AMA-Gütesiegel verabschieden würden. Die heimische Fleischindustrie avisiert unverhohlen diese Version und ergänzt mit dem Zusatz, dass dies auch preislich substanzielle Vorteile hätte. Darüber hinaus besteht der erhebliche Gefahrenmoment, dass die Reputation des AMA-Gütesiegels in der Öffentlichkeit durch massive Angriffe seitens der Tierschutz-NGOs massiv leiden würde. Denn es wäre aus deren Sicht sehr einfach, dem AMA-Gütesiegel das Wort „Güte“ abzusprechen, wenn es nachweislich der ersten Gütestufe – sprich ITW2 – in Deutschland nicht entsprechen würde.

Was fehlt auf Stufe 2 in Deutschland?
Um die dafür geforderten 0,844 m2 pro Mastschwein zwischen 85 und 110 kg Lebendgewicht zu erreichen, müsste man in Österreich 20,6 % mehr Fläche je Tier über gesetzlichem Niveau zur Verfügung stellen und zusätzlich Raufutter anbieten. Neben diesem auf die Mastphase fokussiertem Kriterium ist die Einbindung der Ferkelstufe in das AMA-Gütesiegelprogramm obligatorisch. Dies erfolgt seit Jahren im Bereich der geschlossenen Betriebe. Die Herausforderung bestünde hier für den freien Ferkelmarkt bzw. für Mäster, die vom freien Ferkelmarkt zukaufen, wo bis dato keine Einbindung stattfindet. Summa summarum für eine Vielzahl an Gütesiegelbetrieben eine weitere Herausforderung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit angegangen werden muss.

Höhere Anforderungen erfordern höhere Abgeltung
Wie immer stellt sich bei produktionsverteuernden Regelwerken die Frage, was kostet es und wie viel wird dafür abgegolten? Während die AMA-Marketing für die Richtlinienerstellung, Überwachung und fürs Marketing verantwortlich ist, ist die Frage der Zuschläge reine Marktsache. Schwierige Verhandlungen zwischen Österreichischer Schweinebörse, Fleischwirtschaft und Handel laufen seit Monaten und werden wohl noch weitere Monate in Anspruch nehmen.

Erst nach Klarheit bzgl. Aufwand und Ertrag wird es eine Rechenaufgabe für viele Gütesiegelbetriebe sein, inwieweit es sich noch lohnt, am freiwilligen Programm AMA-Gütesiegel-Schwein mitzumachen.

Das Programm „Fair zum Tier“ bei BILLA und BILLA plus entspricht der Haltungsstufe 4. Die spezielle Kennzeichnung am Etikett soll lt. Regierung noch heuer umgesetzt werden.

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