Autor: Dr. Johann Schlederer
Feiertagsfolgen überfordern heimische Schlachtbranche
Warum dauert heuer der Abbau von Überhängen so lange? Wieso werden meine Partien immer noch verschoben? Solche oder ähnliche Fragen beherrschten die Gespräche unserer Disponenten in den Jännerwochen. Während alljährlich der Jahresbeginn von zähem Abnahmeverhalten seitens der Schlachtbranche geprägt ist, fielen die Konsequenzen der besonderen Feiertagslage um Weihnachten und Neujahr diesmal überdurchschnittlich heftig aus. Warum?
In einer routinemäßigen 5-Tage-Woche werden in Österreich ca. 85.000 Schweine geschlachtet. Montags ca. 25.000, die restlichen vier Tage jeweils ca. 15.000 Stück. Schon ein einziger Feiertag reduziert somit die Schlachtkapazität um bis zu 20 %. Infolge der Mai- und Oktoberfeiertage wird immer wieder spürbar, dass selbst „1-Tages-Ausfälle“ unangenehme Folgen wie Preisdruck oder Terminverschiebungen nach sich ziehen.
Komplettausfall einer ganzen Schlachtwoche
Die zurückliegende Weihnachtswoche war praktisch ein Totalausfall. Dienstag: Hl. Abend, Mittwoch: Christtag, Donnerstag: Stefanitag. Am Montag davor wurde nicht mehr geschlachtet, da die Schlachtkörper erst am Freitag zur Zerlegung gelangt wären, was eine zu lange Wartezeit bzgl. Hygiene und Haltbarkeit des dann erst um Tage später verpackte Fleisch bedeutet hätte. Unabhängig davon war, abgesehen von wenigen Ausnahmen, kaum Schlacht- und Zerlegepersonal zur Verfügung. Selbiges Problem lag auch bei der fleischverarbeitenden Industrie vor. Die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter in der Fleischbranche stammt aus den südlichen und östlichen Nachbarländern und verbringt Weihnachten zu Hause bei ihren Familien. Generell gilt also: „Was nicht bestellt wird bzw. nicht routinemäßig abgenommen wird, wird nicht geschlachtet!“ Konsequenz: Allein in der Weihnachtswoche blieben 85.000 Stück schlachtreife Schweine in den Stallungen.
Konsumflaute und begrenzte Schlachtkapazität verzögert Überhangabbau
Vor den Feiertagen und um den Jahreswechsel wird im Supermarkt eingekauft, als gäbe es kein Morgen. Dieser üppige Lebensmittelvorrat reicht in vielen privaten Haushalten über die Feiertage hinaus, was der Lebensmitteleinzelhandel beim Einkaufsverhalten zu spüren bekommt. Medien beschäftigen sich mit Neujahrsvorsätzen, Abspeckkuren und Veganuary, auch das trägt bei vielen Verbrauchern zu tendenziellem Fleischverzicht bei. In der Konsequenz wird weniger bestellt, was wiederum die Bestellung von schlachtreifen Schweinen dezimiert.
Die heimische Schlachtbranche verfügt über eine maximale Wochenschlachtkapazität von ca. 100.000 Stück. Sie wird erreicht, wenn das Fleischgeschäft gut läuft und ausreichend schlachtreife Tiere zur Verfügung stehen. Seit Mitte Jänner wäre beides der Fall, Gott sei Dank. Aber weil auch erfreulicherweise die „frischen Schweine“ zurzeit auffallend frohwüchsig Schlachtreife erreichen, schafft man heuer beim Überhangabbau wöchentlich bestens ca. 15.000 Stk. Dies hatte zur Folge, dass man heuer mehr als fünf, in Einzelfällen bis zu sieben Wochen lang mit dem Abbau von Überhängen aus den heurigen Feiertagswochen beschäftigt war.
Seuchenfreiheit ist bares Geld
Die Hiobsbotschaft eines Ausbruchs von Maul- und Klauenseuche (MKS) im deutschen Bundesland Brandenburg war Mitte Jänner eine besorgniserregende Schlagzeile in den Medien. Gott sei Dank stellte sich binnen Tagen heraus, dass es sich wohl nur um den einzelnen Ausbruchsbetrieb einer Wasserbüffelherde handelte und keine weitere Ausbreitung der Seuche vorlag.
Nichtsdestotrotz waren die handelspolitischen Auswirkungen für unser Nachbarland massiv. Wesentliche Abnehmerländer wie England und Südkorea stoppten unmittelbar die Abnahme von deutschem Fleisch. Verständlicherweise war die Aufregung in der deutschen Fleischwirtschaft und tierhaltenden Landwirtschaft entsprechend groß, da man ohnehin unter Exporteinschränkungen in Drittstaaten seit Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) leidet.
Die internationalen Vermarktungseinschränkungen sind von längerer Dauer, da man selbst beim Nachweis einer Freiheit von den genannten Seuchen noch ca. zwei Jahre zuwarten muss, um wieder einen anerkannten seuchenfreien Status zu erlangen. Während zu hoffen ist, dass die MKS-Freiheit demnächst bestätigt werden kann, wird es im Falle der ASP noch geraume Zeit dauern, um den Status ASP-Freiheit zu erlangen. Zu problematisch ist es, die ASP-Infektion aus dem Wildschweinebestand zu eliminieren. Insbesondere dann, wenn man ein Nachbarland wie Polen hat, in dem die ASP außer Kontrolle geraten ist.
Österreich top im internationalen Erzeugerpreisvergleich
Die EU-Kommission hat die aktuellen Marktpreise für Schlachtschweine der Handelsklasse E in den 27 EU-Mitgliedsländern analysiert und ein Ranking aufgestellt. Dabei bestätigt sich einmal mehr unsere führende Position beim Jahresdurchschnittswert. Demnach erzielten wir mit 226 Euro netto je 100 kg Schlachtkörper um 17 Euro mehr als der EU-Durchschnitt. Deutschland lag 8 Euro unter unserem Ergebnis. Wohlgemerkt, dieser Vergleich bezieht sich auf die Handelsklasse E, wobei allen Insidern bekannt und bewusst ist, dass die Preismaske der Ö. Schweinebörse für die Handelsklasse S noch deutlich höhere Werte erzielt, während in Deutschland dies nur mehr im geringen Umfang der Fall ist.
Eine noch bessere Bestätigung dafür, dass hohe Qualität, hohe Gesundheit und Seuchenfreiheit, gepaart mit einer optimal organisierten Schweinevermarktung, zu einem tollen Erzeugerpreis führt.
