Autor: Dr. Johann Schlederer
Wir hätten uns mehr erwartet!
Die prognostizierte Schweinemenge und das Prinzip Hoffnung waren die Basis für einen weiteren Sommer mit annähernd allzeit hohen Schweinepreisen. Leider verhinderte das Zusammentreffen mehrerer gesellschaftspolitischer und internationaler Einflussfaktoren dieses Wunschszenario. Trotzdem darf auch die Schweinemast den zurückliegenden Sommer überwiegend positiv abhaken.
Unerwartet schwacher Fleischmarkt
Überdurchschnittliche Lohnerhöhungen in Folge hoher Inflation ließen die Lohnsumme innerhalb von drei Jahren um ca. 20 % steigen. Warum von den höheren Haushaltseinkommen kein ernsthafter Impuls bei der Fleischnachfrage angekommen ist, darüber rätselt seit Monaten die gesamte Branche. Es ist wohl eine bunte Mischung aus verschiedenen Gründen.
Fleisch und Fleischprodukte sind teurer geworden
Ein maßgeblicher Grund für den schwächelnden Mengenabsatz sind stark gestiegene Verbraucherpreise. Ja, wir wollen, dass Fleisch nicht verschleudert wird, andererseits stößt die Kaufbereitschaft beim aktuellen Verbraucherpreisniveau schnell an seine Grenzen. Was bei Frischfleisch vor zwei Jahren noch 8 Euro gekostet hat, berappt man heute mit 10 Euro, also ein Plus von 25 %. Verarbeitete Produkte und höhere Qualität schmälern die Geldbörse um 15 bis 20 Euro/kg, während Produkte der Billigschienen wie S-Budget oder Clever boomen.
Kostentreiber Energie, Arbeit und Investitionen
Als Landwirtschaft stehen wir am Beginn der Fleischwertschöpfungskette. Die nachfolgenden Be- und Verarbeitungsschritte sind meist stark von Energie- und Personalkosten belastet. Mit steigender Verarbeitungstiefe bis hin zur Hochglanzverpackung oder Convenience-Aufbereitung nimmt der Kostenanteil der landwirtschaftsnachgelagerten Bearbeitungsschritte überproportional zu, verteuert die Verbraucherpreise dieser Produkte und reduziert gleichzeitig den relativen Anteil am Rohstoffwert.
Fleisch-Bashing demotiviert Verbraucher und Handel
Unsachliche und meist NGO-getriebene Fleischdiskussionen sind natürlich nicht förderlich. Zum einen halten sie sensiblere Konsumenten vom genussvollen Fleischverzehr ab, zum anderen halten sich die namhaften Handelsketten in ihren Prospekten mit offensiver Fleischwerbung eher zurück. Lieber wirbt man mit höherpreisigen Tierwohlprogrammen bzw. mit gentechnikfreien oder veganen Produkten. Niemand soll dabei überrascht sein, dass dafür die Käuferschichten kleiner ausfallen.
EU-Preisniveau zu hoch für florierende Exportgeschäfte
Für weniger Entlastung als in den Jahren vor 2022 sorgt aktuell das wichtige Absatzventil nach Asien. Länder wie China, Japan, Korea oder Vietnam werden zunehmend von günstigeren Anbietern aus den USA, Kanada oder Brasilien versorgt. Aber auch Russland, das in jüngster Zeit zum Nettoexporteur geworden ist, drängt zunehmend auf diese einst für EU-Exporteure lukrativen Märkte in Fernost. Probleme mit ASP erschweren bzw. verunmöglichen großen Schweineländern wie Deutschland oder Polen den Export in nahezu alle Drittstaaten.
SHÖ (Schweinehaltung Österreich)