Autor: Dr. Johann Schlederer
Keine Panik: Vollspaltenhaltung kann nicht über Nacht abgedreht werden!
In der mittlerweile älter als ein Jahr andauernden Causa Vollspaltenverbot und Urteil durch den Verfassungsgerichtshof ist eine bisher noch nie dagewesene zeitliche Drucksituation entstanden. Vor gut einem Jahr hatte der VfGH ja eine Reparatur der Schweinehaltungsverordnung von der Regierung gefordert und eine Fristsetzung mit Ende Mai 2025 fixiert. Wenige Monate vor diesem Termin ist aber immer noch nichts geklärt. Was heißt das?
Aus damaliger Sicht könnte man meinen, hat der VfGH der Regierung ausreichend Zeit zur Reparatur hinsichtlich Verkürzung der Übergangszeit gegeben. Da in der Zwischenzeit eine Vielzahl an politischen Geschehnissen passiert ist, die es bislang nicht erlaubt haben, dass eine handlungsfähige Regierung diese Zeit nutzen hätte können, war verständlicherweise keine zwingende Annahme seitens des VfGH.
Ohne Regierung keine Reparatur
Auch bis zum Verfassen dieser Zeilen Anfang Februar war unklar, ob es eine Regierung geben würde oder ob es zu Neuwahlen kommen könnte.
In weiser Voraussicht haben wir als Österreichische Schweinebörse bereits im Sommer letzten Jahres eine derartige zeitliche Verzwicktheit kommen gesehen und entsprechende juristische Schritte gesetzt. Gemeinsam mit dem Ö. Bauernbund haben wir eine Linzer Anwaltskanzlei mit der Abklärung von rechtlichen Möglichkeiten beauftragt. Als Ergebnis wurde uns die Möglichkeit eines sogenannten Individualantrages an den VfGH offeriert. Das heißt, dass wir für den Fall eines unmittelbaren Generalverbotes mittels Fallbeispielen betroffener Landwirte die wirtschaftlichen Konsequenzen dem VfGH darstellen sollten.
Aus den Mitgliedsbetrieben des VLV, Gut Streitdorf und Styriabrid haben wir letztendlich sechs konkrete Schweinemäster rekrutieren können, welche sich auch bereiterklärt haben, dass ihre namentlich genannten Betriebe bei diesem Verfahren mitmachen würden. Die sechs Fallbeispiele wurden jeweils in einem ausführlichen Betriebsspiegel dem VfGH dargestellt und es konnte aufgezeigt werden, dass es für den Fall der Fälle zu einem wirtschaftlichen Ruin der betroffenen Landwirte kommen würde.
In der Dezembersitzung des VfGH bewertete das Richterkollegium letztlich unsere Eingabe als zeitlich noch irrelevant, mit dem Hinweis, dass ja noch bis Ende Mai 2025 Zeit bliebe, das „Vollspaltengesetzeswerk“ zu reparieren. Fürs Erste könnte man nun der Meinung sein, dass dieses kostspielige Engagement von uns als Österreichbörse und Bauernbund ohne besonderen Erfolg abgewiesen wurde. In Anbetracht der jüngsten aktuellen politischen Entwicklungen dürfte jedoch unser höchstgerichtliches Engagement einen hohen Stellenwert bekommen.
Aktuell stehen noch zwei Szenarien im Raum:
Szenario 1: Es bliebe tatsächlich noch ein paar Wochen Zeit, dass eine neu handlungsfähige Regierung das Reparaturpaket im Parlament beschließen lässt. Selbst dann war die Aktion wertvoll, um den Höchstrichtern die Betroffenheit vieler Landwirte vor Augen zu führen.
Tritt hingegen Szenario 2 ein, nämlich dass es zu Neuwahlen kommt und keine parlamentarische Reparatur innerhalb des gesetzten Zeitlimits mehr zustande kommt, dann erst recht.
Für diesen Anfang Februar noch nicht auszuschließenden Umstand wäre unsere juristische Auseinandersetzung mit dem VfGH besonders wertvoll. Aus unserer Sicht gäbe es für diesen Fall keinen anderen Ausweg, als dass der VfGH eine entsprechende Fristverlängerung beschließen müsste, um einer allfälligen neuen Regierung die erforderliche Zeit zu geben, die Thematik aufzuarbeiten und neu zu beschließen. Unser Problem wäre also den Verfassungsrichtern nicht mehr neu, und das darf man annehmen, dass man rasch entscheiden könnte.
In der Ruhe liegt die Kraft
Egal, welches der beiden Szenarien Realität wird, wäre es völlig unangebracht, unnötige Panik bzgl. dieser Terminsetzungen unter den Schweinebauern aufkommen zu lassen. Es wäre nämlich völlig undenkbar, dass die für die Tierschutzverwaltung zuständigen Landesbehörden ab Juni 2025 ihre Amtstierärzte ausströmen lassen, um ein Tierhalteverbot bei tausenden Schweinehaltern in Österreich auszusprechen.
Wahrscheinliches Reparaturpaket:
Die Hauptpunkte, die vermutlich im Reparaturpaket zur Realität werden, beziehen sich auf das Enddatum des sogenannten unstrukturierten Vollspaltenbodens. Dieses wird wohl nicht mehr mit einer Übergangszeit von 17 Jahren eintreten, sondern einige Jahre früher. Auch wäre es jedenfalls von unserer Seite zwingend vorgesehen, dass Betriebe, die ihre Vollspaltenstallungen ab 2013 und später errichtet haben, wieder bis Ende 2039 ihre Stallungen benützen dürfen. Wir hoffen, dass die politischen Entwicklungen der nächsten Wochen sich in eine Richtung bewegen, die diese aus unserer Sicht vertretbare Version Realität werden lässt.
